Nachdem sie Machu Picchu erkundet hatten und der Puma beschlossen hatte, doch lieber woanders auf die Jagd zu gehen, machten sich Perusa und Peruso auf zum nächsten Abenteuer. Diesmal führte der Weg nach Ollantaytambo – ein Ort, der angeblich so steil war, dass man glauben konnte, die Berge würden einem auf den Kopf fallen.
„Warum müssen all diese Städte eigentlich immer auf so hohen Bergen liegen?“, fragte Peruso und stemmte die Hände in die Hüften, während er auf die riesigen Terrassen hinaufblickte. „Man könnte doch auch eine Stadt auf einer Wiese bauen! Direkt neben einem großen Maisfeld!“
„Dann wäre sie aber nicht so sicher vor Feinden“, erklärte Perusa, die immer gerne recht hatte. „Außerdem, wenn du erst mal oben bist, hast du die beste Aussicht der Welt!“
„Aussicht ist gut, aber ich hätte lieber Maiskuchen“, murmelte Peruso.
Auf dem Weg die steilen Treppen von Ollantaytambo hinauf stolperten sie über eine Gruppe von Arbeitern, die riesige Felsbrocken bearbeiteten. Peruso, immer auf der Suche nach einer Abkürzung, fragte einen der Arbeiter: „Äh, warum macht ihr das eigentlich? Ihr könntet doch einfach kleinere Steine nehmen!“
Der Arbeiter kratzte sich am Kopf und lachte. „Du bist wirklich ein schlauer Junge! Aber das ist der Befehl des Sapa Inka. Die Mauern müssen groß und stark sein, um Feinde fernzuhalten.“
„Feinde?“, rief Perusa aufgeregt. „Gibt es hier etwa wirklich Feinde?“
Der Arbeiter sah sich um und beugte sich zu den Kindern. „Es gibt Gerüchte“, flüsterte er. „Ein riesiger schlafender Riese soll in den Bergen leben. Manche sagen, er wacht auf, wenn die Sterne richtig stehen. Aber das sind natürlich nur Geschichten.“
„Nur Geschichten?“ Peruso bekam leuchtende Augen. „Das klingt nach dem besten Abenteuer überhaupt!“
„Der schlafende Riese erwacht... fast“
Kaum hatten sie sich durch die engen Gassen von Ollantaytambo geschlichen, hörten sie ein lautes Grollen. Der Boden vibrierte, als ob ein riesiger Elefant über die Berge stampfte. „Was war das?“, fragte Perusa und blieb stehen. „War das der Riese?“
Peruso zuckte mit den Schultern. „Oder vielleicht Wolli, der nach dem ganzen Maisblättern endlich den Berg hochgestampft kommt.“
Aber dann kam ein alter Mann angerannt, wild gestikulierend und rufend: „Der Riese! Der Riese erwacht!“
Perusa und Peruso sahen sich an, die Augen groß wie Mondscheiben. „Das ist unsere Chance!“, rief Perusa und rannte in Richtung des Geräuschs.
„Unsere Chance wofür?“, fragte Peruso hinterher. „Um zertreten zu werden?“
Doch Perusa war schon um die nächste Ecke gebogen. Und dann sahen sie es: eine riesige Statue, die wie ein schlafender Mann aussah, halb in den Fels gehauen, halb in der Erde verborgen. Doch irgendetwas bewegte sich tatsächlich – die Erde bebte, und die Statue schien zu atmen.
„Er atmet!“, schrie Peruso. „Der Riese atmet!“
„Oder es ist nur der Wind“, sagte Perusa, die versuchte, ruhig zu bleiben, obwohl sie selbst nicht ganz sicher war. „Aber… wir müssen herausfinden, was hier los ist!“
Sie kletterten näher an den schlafenden Riesen heran, der sich in einer riesigen Höhle befand. Überall um sie herum lagen kleine Steine verstreut, und ein alter, gebrechlicher Altar stand in der Mitte des Raumes. „Vielleicht ist das die Ursache“, murmelte Perusa und zeigte auf den Altar. „Irgendwas weckt den Riesen.“
Peruso sah sich um, seine Augen suchten nach einer schnellen Fluchtmöglichkeit. „Oder wir wecken ihn... und rennen dann ganz schnell weg!“
„Nein!“, rief Perusa und hielt ihn fest. „Wir müssen klüger sein. Vielleicht ist er nicht böse.“
Peruso schüttelte den Kopf. „Riesen sind immer hungrig. Und weißt du, was sie am liebsten essen? Kleine Kinder, die Maiskörner werfen!“
Aber bevor sie sich weiter streiten konnten, brach plötzlich ein Teil der Höhlenwand ein, und die Statue begann sich stärker zu bewegen. Das laute Grollen füllte die Luft, und Steine rieselten von oben herab. Perusa und Peruso warfen sich auf den Boden, und in diesem Moment... hörte alles auf.
Stille.
Die Statue war still. Der Boden bebte nicht mehr. Und der Riese? Schlief tief und fest weiter.
„Hä?“, fragte Peruso und sah sich verwirrt um. „War das alles?“
„Vielleicht war es nur eine Erschütterung“, sagte Perusa und stand auf, klopfte sich den Staub ab. „Oder... er hat sich entschieden, nicht aufzuwachen. Aber ich glaube, wir sollten hier verschwinden, bevor er seine Meinung ändert.“
„Die Flucht und der beste Maiskuchen der Welt“
Die beiden rannten so schnell sie konnten zurück ins Dorf, wo sie von den Arbeitern begrüßt wurden, die das ganze Drama nicht mitbekommen hatten. „Und?“, fragte einer von ihnen. „Habt ihr den schlafenden Riesen gesehen?“
Peruso, der immer einen Sinn für Dramatik hatte, streckte sich in die Höhe und sagte mit ernster Stimme: „Wir haben ihn nicht nur gesehen... wir haben ihn besiegt!“
„Besiegt?“, fragte der Arbeiter.
„Ja!“, rief Perusa. „Mit nichts als unserem Mut und ein paar Maiskörnern!“
Die Arbeiter lachten, und Peruso grinste breit. „Und jetzt... hätte ich wirklich gerne diesen Maiskuchen, von dem ihr die ganze Zeit sprecht!“
Und so saßen Perusa und Peruso am Abend am Feuer, mit einem riesigen Stück Maiskuchen in der Hand, während sie über ihr neuestes Abenteuer nachdachten. Sie hatten den schlafenden Riesen entdeckt – und fast geweckt – aber das nächste Abenteuer wartete bestimmt schon in den Bergen oder in den tiefen Tälern des Inka-Reichs.
„Ich wette, das nächste Abenteuer hat auch Lamas dabei“, sagte Peruso mit vollem Mund.
„Hoffentlich keine, die schneller laufen“, lachte Perusa, und die beiden Freunde genossen den Rest ihres Kuchens unter den funkelnden Sternen des Inka-Himmels.